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Das Interessante an einem Hackathon sind aber Projekte, die hier angefangen wurden, und dann weitergeführt werden – Elias Hackradt

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Wolf-Dieter Fiege
Titelmotiv des Blogartikels zum Thema: Das Interessante an einem Hackathon sind aber Projekte, die hier angefangen wurden, und dann weitergeführt werden - Elias Hackradt
Wir sind hier auf dem CloudFest Hackathon 2025. Wer bist du?

Elias Hackradt: Ich bin Elias Hackradt und Software-Entwickler bei GzEvD, einer kleinen Entwicklungsfirma in Berlin. Ich arbeite sehr viel mit Open Source und bin mit dem CloudFest Hackathon praktisch groß geworden. Vor sieben oder acht Jahren habe ich meine Ausbildung angefangen und bin praktisch schon im ersten Ausbildungsjahr hier auf dem Hackathon gewesen. Seitdem war ich praktisch die ganzen Jahre immer anwesend und nehme sehr viel mit.

Was sind die Punkte, die dich an einem Hackathon reizen? Bringt dich die Teilnahme eher weiter oder bringst du eher etwas ein?

Elias Hackradt: Ich nehme auf jeden Fall etwas mit. Am Anfang war es so, dass viele Skills bei mir noch nicht existierten. Da war der CloudFest Hackathon echt super, denn da triffst du Experten z.B. von MariaDB, von 1und1, von Hetzner und von GoDaddy, die du direkt ansprechen kannst. Hier haben sie die Zeit und auch die Muße dazu, dir auch mal etwas detaillierter und genauer zu erklären. Und das Schöne daran ist: Was man von den Leuten lernt, kann man auch direkt wieder weitergeben.

Letztes Jahr hatte ich auch ein eigenes Projekt hier auf dem Hackathon, das lief sehr gut. Ich kann den Hackathon eigentlich jedem empfehlen – egal, welche Skillsets man hat. Ganz gleich, ob man noch ganz am Anfang steht oder schon eine ansehnliche Laufbahn hinter sich hat. Hier sind ganz unterschiedliche Leute dabei. Einige arbeiten zum Beispiel seit 20 Jahren mit OpenSuse und sind in diesem Bereich sehr professionell unterwegs. Und jetzt sind sie hier auf dem Hackathon und machen mal was ganz anderes. Das ist das Tolle am Hackathon.

Wie bereitest du dich auf den Hackathon vor? Bringst du eigene Fragen mit, weil du weißt, dass du hier die Spezialisten findest, die dir weiterhelfen können?

Elias Hackradt: Fragen an Experten sind für mich definitiv immer ein Thema. Wenn ich vorher sehe, wer die Sponsoren sind und wenn sie dann auch mit den Teams auf dem Hackathon vertreten sind, habe ich immer Fragen und eigene Themen dabei.

Bestes Beispiel in diesem Jahr ist Hetzner.

Ich benutze sehr viel von Hetzner. Daher bringe ich dementsprechend auch immer einige spezielle Fragen mit. Die können mir die Spezialisten dann vor Ort prima beantworten. Die notieren sich dann oft das eine oder andere - als Feature-Request - und leiten es dann weiter.

Auf dem Hackathon hat man vor Ort auch die Möglichkeit, mit seinen Businesspartnern direkt in Bezug auf Entwicklungsprojekte zu sprechen und gleich die richtige Unterstützung zu bekommen.

Wie wählst das Projekt aus, an dem du dich beteiligen möchtest?

Elias Hackradt: Das kommt darauf an. In diesem Jahr habe ich mich überraschen lassen. Vor dem Hackathon habe ich mir bewusst noch nicht einmal die Projekt-Pitches durchgelesen, sondern ich habe mir gesagt: „Wenn du vor Ort bist, schaust du dir die Pitches auf der Bühne an.“ Es gab dann zwei Optionen: Ich wähle das Projekt, das mir am besten gefällt und wo ich mich am besten einbringen kann. Oder: ich entscheide mich für ein Projekt, das mir vollkommen fremd ist, sodass ich dort viel lernen kann. Und dementsprechend habe ich mich entschieden.

An welchem Hackathon-Projekt arbeitest du und wie läuft die Zusammenarbeit?

Elias Hackradt: In diesem Jahr arbeite ich in dem Projekt CMS Cloud Manager. Die Arbeit im Team läuft „straight forward“, das liegt auch an der guten Vorarbeit der Projekt-Leads.

Zunächst gab es die Idee. Diese Idee wurde gepitcht. Anschließend hat sich das Team zusammengefunden. Die Leute entscheiden sich: „Das ist mein Ding oder auch nicht.“ So bildet sich die Gruppe, die an dem Projekt arbeiten möchte. Und dann geht es auch schon los.

Man stellt die Projektidee vor. Man spricht die Projektidee kurz durch und skizziert, was die Aufgaben und Probleme sind und wie man diese lösen könnte. Dann werden kurz die Skill-Sets definiert. Wer macht was? Wer kann Frontend? Wer kann Backend? Wer macht Dokumentation? Wer macht Social Media? … Wer hat wo Defizite oder Stärken.

Unser Projekt-Lead hat das sehr gut gemacht. Er hat gesagt: „Du kannst das. Setz dich mal mit der Person zusammen, die kennt sich damit zwar nicht aus, aber sie kann dich dabei unterstützen.“

Ich arbeite zum Beispiel sehr viel mit Docker und Systemautomatisierung, Neben mir hatte ich jemanden von TYPO 3 sitzen. Die haben noch nicht einmal einen offiziellen Docker-Container, deshalb kennen die auch die ganzen Pain Points nicht, auf die man bei der Dockerisierung stößt. Vor allem, wenn man das alles etwas größer denkt - in Richtung Kubernetes.

Beim Hackathon kann man sich direkt zusammensetzen und seine Erfahrungen austauschen und kommt dann sehr schnell zu einem guten Ergebnis.

Als Hackathon-Attendee bist du praktisch ein Veteran. Wie hat sich das Konzept des CloudFest Hackathons über die letzten Jahre entwickelt? Ist der Hackathon alles in allem professioneller geworden? Sind die Projekte strukturierter geworden? Wie ist dein Eindruck?

Elias Hackradt: Das CloudFest und der Hackathon haben ja das Motto: Work hard, party hard. Und so funktioniert das hier auch ganz gut. Hier wird viel gearbeitet und auch strukturiert gearbeitet. Die Projekte sind zum Teil sehr gut strukturiert und zum Teil auch mal unstrukturiert. Das kommt wirklich darauf an.

Meist entwickelt sich erst durch das gemeinsame Besprechen der Idee die Struktur des Projekts. Es ist nicht immer so, dass es bei Projektstart schon einen konkreten Weg oder eine konkrete Lösungsidee gibt. Das muss sich immer erst entwickeln. Da kann es natürlich auch zu Reibungen kommen. Aber im Großen und Ganzen hat es immer gut funktioniert.

Ist es professioneller oder unprofessioneller geworden?

Wenn ich auf die letzten 8 Jahre schaue, war es immer ein Mix. Es waren immer hochprofessionelle Menschen dabei, wie z.B. im letzten Jahr die MariaDB Core Maintainer, die man ansprechen konnte und die man alles fragen konnte.

Oder Leute, die wie ich vor 7-8 Jahren als Auszubildender im ersten Lehrjahr, nicht wirklich viel einbringen, die hier aber viel lernen können. Es ist wirklich - vom Noob (Newbie) bis zum Chingo - alles dabei. Aber professionell sind alle. Und es ist ein netter Umgang, man kann sich mit jedem unterhalten. Ich habe noch keine Person kennengelernt, die mir gesagt hat: Nein, mit dir unterhalte ich mich nicht, weil du Debian benutzt und ich Arch Linux. Also sowas gibt es hier nicht. Hier sind alle sehr offen und agnostisch und sagen: wir suchen das richtige Tool für den Job und nicht den Hammer für alles. Das funktioniert wirklich sehr gut.

Ein großes Thema ist ja AI. Spielt AI auch bei eurem Projekt eine Rolle?

Elias Hackradt: In unserem Projekt hat AI tatsächlich gar keine Rolle gespielt. Ich habe es für mich selbst kurz einsetzen wollen, weil die Dokumentation für das TYPO 3-Setup relativ schlecht war. Da habe ich die AI gefragt, ob sie eine gute Alternative kennt oder eine Idee hat, wie es denn besser aufgebaut sein könnte. Und da hat mir AI dann eine halbrichtige Idee geliefert, die man gut „bridgen“ konnte. Das hat dann wiederum gut funktioniert hat.

Wie oft benutzt du selbst AI und in welchen Bereichen?

Elias Hackradt: Ich probiere, den Einsatz von AI zu vermeiden. Ich nutze AI eher als Denkansatz, wenn ich dicht im Kopf bin und wenn mir niemand anderes für ein – 4-Augen-Prinzip zur Verfügung steht. Dann benutze ich AI als „Rubber-Duck“. So nach dem Motto: Hey, hast du vielleicht mal eine Idee? AI, erzähl mir mal, was du für eine Fantasie hast. Und manchmal kommen dabei tatsächlich Ideen raus, die dann funktionieren.

Welche Rolle spielt AI im Bereich deines Daily Business?

Elias Hackradt: Im Bereich meines Daily Business kommt AI nicht häufig vor. Durch die Service-Provider, die man selbst benutzt, ist AI natürlich immer mehr präsent, aber da geht es in erster Linie um Komfort. Bestes Beispiel: Ich benutze eine App für Voice-over-IP. Und wenn ich in meiner Arbeitszeit nicht angerufen werden möchte, geht automatisch ein Anrufbeantworter ran.

Wenn ich dann z.B. eine 1 ½ Minuten lange Sprachnachricht bekomme, sage ich der AI: „Kann du mir diese Mitteilung  mal transkribieren und eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Keywords machen.“ Ich muss dann natürlich noch mal kontrollieren: ob alles wirklich richtig verstanden wurde. Das ist aber schon sehr nützlich. Auch bei den Services, die man nutzt, ist AI immer mit drin.

Ich nutze AI aber immer gerne bei standardisiert strukturierter Arbeit, z.B. wenn ich in Ansible mit YAML-Dateien in VS Code arbeite. Dann nutze ich Codeium, um schnell eine Struktur zu bekommen. Und wenn diese mit dem Ansible Lint übereinstimmen, bin ich zufrieden. Da spart man sich die ganze Arbeit, Standardstrukturen neu zu tippen. Da ist AI dann gerne gesehen.

Du nutzt AI also hauptsächlich zur Arbeitserleichterung, aber mit einem kritischen Blick.

Elias Hackradt: Ja, wenn man von einem Thema keine Ahnung hat und die AI dann fragt, klingt das Ergebnis auf den ersten Blick super. Aber wenn man Ahnung von dem Thema hat und spezifische Fragen stellt, dann fantasiert die AI ganz viel dazu und man fragt sich: Wie kommt sie auf solche Ideen? Aber mal ehrlich, ist das nicht bei Themen, von denen ich keine Ahnung habe, genauso?

AI ist ein wenig wie ein Papagei. Das Ding wurde mit allen möglichen Informationen - von Reddit, Stack Overflow etc. – gefüttert. Früher hieß es immer: Mache keinen Copycat von Stack Overflow Jetzt fragst du die AI und die hat das von da gelernt und sie gibt dir das gleiche zurück. Du machst Copy-Paste und bist wieder beim gleichen Problem.

Es ist ein großer Zwiespalt: Es gibt Aufgaben, da ist AI sehr gut und hilfreich. Und es gibt Aufgaben, da sollte man sehr kritisch sein.

Eine ganz andere Frage: Gab es in der Vergangenheit Business-Kooperationen, die sich aus deiner Teilnahme am CloudFest Hackathon ergeben haben?

Elias Hackradt: Business-Kooperationen würde ich das nicht nennen, sondern Partnerschaften mit Leuten, die man über den Hackathon kennengelernt hat. Oder man kam in Kontakt mit einem Provider, mit dem man dann einen Deal gemacht hat. Das geht hier natürlich immer.

Das Interessante an einem Hackathon sind aber Projekte, die hier angefangen wurden, und dann– außerhalb des Hackathons - weitergeführt wurden. Bestes Beispiel war ein Joomla-Projekt, bei dem wir ein Update-Framework entwickelt haben. Es hat 2 oder 3 Cloudfest Hackathons gebraucht, um das Ganze ins Rollen zu bringen. Es war aber ein Projekt, das das Joomla-Team unbedingt weiterentwickeln wollte. Deshalb haben sie alle, die bei diesem Projekt dabei waren, zu einem Code-Sprint nach Nürnberg eingeladen und alles bezahlt.

Das war wirklich ein sehr cooles Projekt, denn wir haben auf dem Hackathon nicht ein One-Hit-Wunder entwickelt, das für die Bühne ganz nett ist, sondern dieses Projekt hatte wirklich einen Impact.

Vielen Dank für das Interview und noch viel Spaß auf dem CloudFest Hackathon.