(Gastbeitrag von Nicole Grentzer von der Full Digital Agency Dept)
Wer wünscht es sich nicht im Content Marketing? Mal eben drei originelle Kampagnen aus dem Ärmel schütteln, eine fancy Storyline mit einem Fingerschnipsen herbeizaubern oder die Content-Strategie des Jahres im Schlaf konzipieren. Klingt doch wunderbar, wäre da nicht dieser eine kleine Haken: Das kreative Loch! Einmal hineingefallen, kommt man nur schwer wieder heraus. Neben Meetings, dem Daily Business und mitunter komplexen Rahmenbedingungen ist es alles andere als leicht, immer die besten Ideen zu entwickeln.
An dieser Stelle kommt uns ein Zustand zu Hilfe, den wir normalerweise zu verdrängen versuchen: die Langeweile!
Meist wird dieses Nichtstun als äußerst negativ empfunden, denn Langeweile gilt als Zeichen für zu wenig Freude, fehlende Möglichkeiten sinnvoller Beschäftigung oder Antriebslosigkeit. Kein erstrebenswerter Zustand in einer Hochleistungsgesellschaft. Und genau aus diesem Grund streben wir danach, unser Gehirn ohne Unterlass zu beschäftigen. Ununterbrochen. Es absolviert jede Sekunde einen kleinen Marathon und wir lieben es, unsere Synapsen mit neuen Reizen zu überfluten. Portale nach neuen Content-Marketing Trends durchforsten, das nächste Strategie-Webinar buchen, die Agenda für den Kunden-Call festzurren oder eine Story auf Instagram posten – wir versuchen, aufkommende Langeweile sofort im Keim zu ersticken. Unser Hirn ist dabei im Dauerstress, denn wir geben ihm keine Zeit für eine Verschnaufpause. Und genau hier beginnt oftmals der Abstieg in das kreative Loch. Herzlich Willkommen im Teufelskreis!
Make schöpferische Langeweile great again!
Gerade in einer Gesellschaft, in der wir durch permanente Reizüberflutung das Gefühl der Langeweile kaum noch wahrnehmen, lohnt es sich umso mehr, aktiv nach ihr zu suchen. Denn Langeweile ist nicht gleich Langeweile. Es wird Zeit, diesen Zustand in ein neues positives Licht zu rücken und ihm die Aufmerksamkeit zu geben, die er im kreativen Umfeld verdient. Richtig dosierte Momente der schöpferischen Langeweile führen zum Erfolg und sind gerade im Bereich des Content Marketings ein wichtiges Tool, um das volle kreative Potential auszuschöpfen. Selbst Friedrich Nietzsche beobachtete die Form der schöpferischen Langeweile bei Künstlern und bezeichnete sie als „angenehme Windstille der Seele, welche einer glücklichen Fahrt und lustigen Winden vorangeht“.
Langeweile erweist sich also als effizientes Tool, um der kreativen Krise zu trotzen. Die Hirnaktivität nimmt in dieser Phase der Reizlosigkeit kaum ab, und es kommt zu einem äußerst nützlichen Prozess, den man in der Psychologie als „Gedankenwandern“ bezeichnet. Wer sich langweilt, schafft Platz für neue Ideen, weil die Gedanken Wege erkunden können, die sie sonst nie betreten hätten.
Doch wie schafft man es nun, sich schöpferisch zu langweilen? Ganz einfach: Man kann es am besten als eine Art Meditation ohne Konzentration beschreiben. Denn anders als beim Meditieren sollte man bei der schöpferischen Langeweile versuchen, sich so wenig wie möglich auf irgendetwas Bestimmtes zu konzentrieren. Selbst zwischen anhaltenden To-Do-Listen lässt sich regelmäßig Zeit für diese Kreativübung finden.
Der Weg zur schöpferischen Langeweile
1. Der passende Platz:
Suche dir einen Ort, an dem du ungestört und so wenig Einflüssen wie möglich ausgesetzt bist. Dies kann ein kleiner Meetingraum oder auch eine ruhige Ecke im Büro sein.
2. Die böse Ablenkung:
Vermeide Ablenkungen jeglicher Art. Bildschirme, Handy und Musik haben jetzt keinen Platz in deiner Welt voller Langeweile. Wenn nötig, bespreche dein Vorhaben mit deinen Kollegen und bitte sie darum, dir in den nächsten Minuten ausreichend Ruhe zu gönnen.
3. Die bequeme Haltung:
Setze, lege oder stelle dich so hin, wie es dir am Liebsten ist. Damit die Langeweile wirklich positiv auf dich wirken kann, ist es wichtig, sich nicht mit einer unbequemen Haltung zu stressen. Du kannst nun deine Augen schließen, wenn du möchtest. Aber bitte nicht einschlafen!
4. Die nötige Zeit:
Das ist die letzte Gelegenheit dein Handy noch einmal zu nutzen. Wiederstehe jedoch der Sucht, noch schnell E-Mails zu checken oder die letzte Nachricht auf Slack zu beantworten. Dein Handy befindet sich idealerweise im Flugmodus und hat für diese Übung nur noch eine Aufgabe: die Weckfunktion!
Stelle dir einen Timer auf 10 Minuten und starte diesen. Anschließend wird das Telefon beiseitegelegt, das Display bleibt dabei am besten außer Sichtweite.
5. Die produktive Langeweile:
Und nun gib dich dem Nichtstun hin. Versuche dich nicht zwanghaft, auf ein bestimmtes Thema zu fixieren. Bei dieser Übung geht es nicht um die große Erleuchtung oder spektakulären Hokuspokus. Gib deinem Kopf einfach ein paar Minuten für die Vernetzung neuer Synapsen und lass deine Kreativität fließen.
That’s it!
Neben dem schöpferischen Effekt hat Langeweile noch eine weitere zentrale Funktion für unser Hirn. Das eigentlich ungewollte Gefühl wirkt wie ein Kompass. Wir hinterfragen, ob die bisher gegangenen Wege wirklich zum Ziel führen können und ob wir etwas ändern sollten. Nichtstun schafft somit auch Klarheit.
Auch wenn uns nach diesen zehn Minuten Langeweile nicht umgehend der kreative Geistesblitz getroffen hat und die neue Content-Marketing-Kampagne steht: Diese wenigen Minuten der Verschnaufpause wirken auf jeden Fall stimulierend auf unseren Verstand. Und wer weiß, vielleicht hält das nächste langweilige Meeting ja die nächste großartige Content-Marketing-Idee bereit.
Fazit
Wer Langeweile immer nur als Last empfindet, erstickt seine Kreativität im Keim und unterdrückt eine wichtige Regulierung im Hirn. Dank dem gezielten Nichtstun sind wir in der Lage, neue kreative Lösungen zu entdecken und produktiver zu arbeiten. Damit ist Langeweile eine unserer wertvollsten Empfindungen, auch wenn sie sich oftmals nicht so anfühlt.
Have fun and be bored!
Über die Autorin:
Nicole Grentzer verantwortet das Grafik Design im Bereich Content Marketing bei Dept. Sie übernimmt die gestalterische Umsetzung von diversen Print- und Digitalmedien sowie die Ausarbeitung von UX-Optimierungen für Webseiten. Zuvor lernte sie Mediengestaltung in der Fachrichtung Konzeption und Visualisierung und war anschließend für mehrere Jahre in einer Inhouse-Agentur für einen Mobilfunkkonzern tätig. Die strategische Planung und operative Umsetzung digitaler Produktvermarktung lagen währenddessen in ihrer Verantwortung. Darüber hinaus gehörte die Auswahl und visuelle Aufbereitung von Bild- und Videomaterialen zu ihrem Fachgebiet.
Quellenhinweise:
- www.palverlag.de/lebenshilfe-abc/langeweile.html
- www.lecturio.de/magazin/von-wegen-boreout-langeweile-macht-kreativ/
- rp-online.de/panorama/deutschland/essay-ueber-die-langeweile-triebfeder-fuer-kreativitaet_aid-23839323
Titelmotiv: Photo by Anthony Ginsbrook on Unsplash